Der Fonds Kongress ist der bedeutendste und größte Kongress der Investmentbranche im deutschsprachigen Raum. Hier treffe ich Fondsmanagerinnen und Fondsmanager, Fondsgesellschaften sowie Kolleginnen und Kollegen aus dem In- und Ausland. Kann mir an zwei Tagen zusammen mit rund 6000 Besuchern eine Auswahl aus 220 Vorträgen anhören, erhalte wertvolle Informationen aus erster Hand, knüpfe neue Kontakte, frische alte Beziehungen auf oder entdecke hier und da einen spannenden Fonds, der nicht an jeder Ecke zu finden ist.
In diesem Jahr war der Kongress ganz klar von dem Thema Nachhaltigkeit geprägt. Bereits im Eröffnungsvortrag von Bundeskanzler a. D. Gerhard Schröder wurde deutlich, dass das dominierende Thema unserer Zeit beim Investieren den entsprechenden Platz einnimmt. Wobei er darauf hinwies, dass der Kampf gegen die Folgen des Klimawandels zweifellos eine sehr wichtige Aufgabe und derzeit ein bestimmendes Thema sei. Doch gleichzeitig sei es falsch, den Begriff der Nachhaltigkeit allein auf die Ökologie zu beschränken. „Zukunftsfähig wirtschaften heißt, dass wir unseren Kindern und Enkeln eine ökologisch, soziale und ökonomisch intakte Welt hinterlassen wollen", so Schröder. Eine Debatte darüber, wie nachhaltiges Investieren dazu beitragen kann, sei unbedingt notwendig.
Unter nachhaltigem Investment versteht man Geldanlagen, die neben den wirtschaftlichen Anlagezielen Rendite, Sicherheit und Verfügbarkeit, auch die Kriterien Umweltschutz, soziales Verhalten und eine faire Unternehmensführung mit berücksichtigen. Aus dem magischen Dreieck der Vermögensanlage wird also ein Viereck. Bei nachhaltigen Geldanlagen wird für die drei Nachhaltigkeitskriterien die Kurzbezeichnung ESG verwendet – nach den englischen Begriffen Environment (E), Social (S), Governance (G). Der ESG-Ansatz hat sich in der Finanzbranche zur Abgrenzung „herkömmlicher“ Geldanlagen als Standard entwickelt.
In den 90er-Jahren gab es so gut wie keine nachhaltigen Anlageprodukte. Erst 1996 kam ein erster Aktienfonds für Privatanleger auf den Markt, der bei seinen Investments auch ökologische und ethische Aspekte berücksichtigte. Mittlerweile können deutsche Anleger laut der Ratingagentur Scope unter rund 800 „grünen“ Investmentfonds wählen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz betrug das auf nachhaltige Weise gemanagte Anlagevermögen in 2018 laut dem Forum Nachhaltige Geldanlagen insgesamt 474,1 Milliarden Euro. Das ist ein Anstieg von rund 48 Prozent gegenüber dem Vorjahr!
Für mich als „alte Häsin“ beziehungsweise langjährige Besucherin des Kongresses war es interessant zu beobachten, dass es bestimmte Fondsgesellschaften gibt, die jetzt „mit auf den fahrenden Trend-Zug nachhaltige Investments“ aufspringen, indem sie sich mal eben schnell ein „grünes Kleid von außen überziehen“. Während andere Fondsgesellschaften schon seit über 20 Jahren ihr Augenmerk auf das Thema Nachhaltigkeit ausgerichtet haben. Meist in stiller Bescheidenheit und auch immer noch sehr unaufdringlich am Markt agieren. Fondsgesellschaften bzw. Fondsmanagerinnen, die nicht nur beim Besuch von börsennotierten Unternehmen schauen, wie die Firmen im Bereich Nachhaltigkeit „unterwegs“ sind. Sondern auch im eigenen Investmentunternehmen schauen, was sich so alles in „Sachen Grün“ machen lässt: Ob es die Bienenstöcke auf dem Dach einer schweizerischen Fondsgesellschaft sind, möglichst mit der Bahn statt mit dem Flugzeug zu reisen oder den Bau eigener Bürogebäude mit dem Fokus auf Umweltverträglichkeit.